Reformation und Armenwesen

Entwurf - Station 9

Die Stele am Kino mit Spendern und Beteiligten (von links): Annette Sawade, Rudolf Michl, Alexander Schumm (Schotterwerk Heumann), Rudolf Kurz, Carmen und Volker Groninger (Firma Groninger), Pfarrer Franz-Josef Konarkowski. Nicht auf dem Bild ist Stadtarchivar Folker Förtsch, der dem Reformationsweg entscheidende Impulse gab. Foto: Ute Schäfer

Viele Crailsheimer und ein Haufen Prominenz war gekommen, um die Vollendung des Reformationswegs mitzuerleben – einen für Crailsheim nicht ganz unbedeutenden Akt. Seit Samstag durchzieht nun der vollständige, von Oberbürgermeister Rudolf Michl „Pilgerweg“ genannte Reformationsweg die Stadt. An zwölf Stelen sind zwölf Aspekte der Reformation dargestellt, und zwar in Wort (vom Arbeitskreis Lutherdekade) und Skulptur (vom Stimpfacher Bildhauer Rudolf Kurz). „Es ist hier eine Sehenswürdigkeit entstanden, die Crailsheim auch im Kreis der europäischen Reformationsstädte ein Alleinstellungsmerkmal verschafft“, sagte Michl.

Die beiden neuesten Stelen gehören optisch zusammen, sie stammen aus demselben Steinblock aus Udelfanger Sandstein. Spender waren diesmal die Firma Groninger beziehungsweise das Schotterwerk Heumann an der Heldenmühle. Beide Stelen haben Themen, die damals wie heute aktuell sind, nämlich „Migration“ (am ZOB) und „Armenwesen“ gegenüber dem Kino, oder besser gesagt an der Stelle, an der bis 1800 das Crailsheimer Siechen- und Armenhaus stand.

Wie immer ist den Stelen eine erklärende Tafel an die Seite gestellt, die erläutert, was es mit dem Thema im Bezug auf die Reformation auf sich hat: Die Stele „Armenwesen“ zum Beispiel erklärt den „Gotteskasten“, der in der Kirche stand und in den früher Almosen gegeben werden konnten, und dass sich die Armenfürsorge im Zuge der Reformation veränderte und langsam zu einer Aufgabe der kirchlichen und weltlichen Institutionen wurde. „Dieses Kunstwerk soll aber auch ein Mahnmal dafür sein, dass Fürsorge unser Auftrag ist“, sagte der katholische Pfarrer Franz-Josef Konarkowski dazu. Die Stele mit dem Thema Migration erinnert an die Salzburger Exulanten, protestantische Christen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und in Preußen, aber auch in der Markgrafschaft Heimat fanden, erläuterte der evangelische Dekan i. R. Dr. Winfried Dalferth: „Es ist eine Tragik, dass Migration eine so lange und noch viel längere Tradition hat.“

Die Stadtkapelle gab der Veranstaltung einen festlichen Rahmen, zu dem auch die vielen Gäste allein durch ihre Anwesenheit beitrugen. Die Fertigstellung des Reformationswegs feierten der Regionalbischof aus Heilbronn, Prälat Harald Stumpf, der sich als kunst­interessiert zu erkennen gab, der Ansbacher Landrat Dr. Jürgen Ludwig, der den Reformationsweg seinerzeit als Crailsheimer Wirtschaftsförderer mit auf den Weg brachte, die SPD-Bundestagsabgeordnete Annette Sawade, die das Projekt von Anfang an förderte, die designierte Crailsheimer Dekanin Friederike Wagner, die diesen wichtigen Tag miterleben wollte, dazu evangelische und katholische Geistliche, Gemeinderäte, Spender anderer Stelen und nicht zuletzt viele, viele Bürger, denn dies macht den Reformationsweg aus: dass so viele mitgemacht und mitgetragen haben.

     

  • Der Crailsheimer Reformationsweg
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Im November soll ein Führer des Reformationswegs erscheinen, der die einzelnen Stelen beschreibt. Die evangelische, die katholische und die bürgerliche Gemeinde – und viele, viele Bürger – unterstützten den Reformationsweg nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Einige Stelen fanden sogenannte Großspender. Hier listen wir sie auf:

Station 3 „Reformation und Kunst“: Familie Schmidt-Weiss
Station 4 „Reformation und Bildung“: Rotary Club Crailsheim
Station 5 „Reformation zwischen Freiheit und Obrigkeit“: Sparkasse Schwäbisch Hall-Crailsheim
Station 6 „Religionskriege“: Familie Dierlamm
Station 7 „Wandel der Bestattungskultur“: VR-Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim
Station 9 „Reformation und Armenwesen“: Firma Groninger
Station 10 „Reformation und Migration“: Firma Heumann Steinbruch-Schotterwerk Heldenmühle
Station 11 „Reformation und Juden“: Dr. Konrad Wetzel
Station 12 „Reformation und Demokratie“: Schön + Hippelein uts

UTE SCHÄFER | 31.10.2016

 

Die Reformation und das Armenwesen

Stadtblatt 49 - 05.12.2013