Wandel der Bestattungskultur

 

Die Stele zeigt, wo die Seele hinkommt

Immer mehr Crailsheimer kommen, wenn eine neue Stele vorgestellt wird. Die auf dem Ehrenfriedhof steht seit Samstag.

Der Crailsheimer Reformationsweg hat seit ein paar Tagen eine weitere Stele. Sie steht auf dem Ehrenfriedhof - und damit an einem Ort, an dem die Spuren der Reformation direkt zu sehen sind.

Am Samstag wurde eine neue Stele des Reformationswegs vorgestellt - in Crailsheim ist das fast schon Routine. Es versammelten sich also Dekan Dr. Dalferth, Diakon Branke, Archivar Förtsch, Künstler Kurz, ein Vertreter der Stadt, diesmal Baubürgermeister Holl, und ein Sponsor, in diesem Fall die VR-Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim in Person von Tobias Belesnai. Und ganz wichtig: Seit drei Jahren kommt immer auch ein Häufchen Crailsheimer, dem der Reformationsweg am Herzen liegt.

Das Besondere daran: Das Häufchen wird von Mal zu Mal größer - der Reformationsweg ist offenbar in Crailsheim angekommen. Fast 50 waren am Samstag auf den Ehrenfriedhof gekommen. Doch was hat die Lage des Friedhofs mit der Reformation zu tun? Dekan Dr. Dalferth erklärte es so: Für die protestantischen Christen ist es unerheblich, wo oder wie sie bestattet werden - eine der Auswirkungen der Reformation. "Ad Santos", also "bei den Heiligen" in unmittelbarer Nähe zur Kirche und den Reliquien zu liegen und von dort in den Himmel geleitet zu werden, war für sie nicht mehr wichtig. Mit der Reformation hatte die Lage des Friedhofs also ihre spirituelle Bedeutung verloren.

Als in Crailsheim 1546 eine Pestepidemie Hunderte von Opfern forderte, war der Friedhof rund um die Johanneskirche restlos überfüllt - ein neuer Friedhof an hygienisch günstigerem Platz, nämlich außerhalb der Stadtmauer, wurde angelegt - der heutige Ehrenfriedhof. Bis etwa 1901 wurden die evangelischen Crailsheimer hier bestattet.

Den Unterschied in der Bestattungskultur wollte auch Künstler Rudolf Kurz mit seiner Stele zeigen. Er habe, sagte er, ursprünglich einen Block mit Spalt in der Mitte machen wollen, auf der einen Seite mit und auf der anderen Seite ohne Fegefeuer. In Sachen Beziehung zu Tod und Auferstehung sei das schließlich eines der Hauptthemen der Reformation gewesen. Doch während der Bearbeitung habe sich alles gewandelt - ein wahrhaft ökumenischer Prozess trat in Gang: Denn der Spalt teilt den Block nun nicht mehr komplett in zwei Hälften. Er verläuft sich vielmehr im Gestein. Die Betonung liegt deshalb nicht mehr auf rechts und links, also mit und ohne Fegefeuer. Die Betonung liegt vielmehr auf unten und oben. Unten fester Stein und oben goldenes Licht (Der Stein ist oben offen und vergoldet).

Weiß und leicht marmoriert ist der Marmorblock aus Domodossola übrigens, und steht damit auch für die Reinheit, die das Purgatorium, das Feuer, mit sich bringt, sagt der katholische Kurz. "Denn eine Reinigung ist ja immer auch eine Chance." Dennoch steht auf der Stele nun nicht mehr das Fegefeuer - und das Trennende - im Vordergrund, "sondern die Idee, wo die Seele einmal sein könnte, nämlich im Licht".

Ute Schäfer/HT 2.11.2015

Der Wandel der Bestattungskultur

Stadtblatt 45 -  07.11.2013

Reformationsweg wird erweitert Stadtblatt 22.10.2015

Weitere Stele realisiert Stadtblatt 29.10.2015

Bestattung im Wandel Stadtblatt 05.11.2015